List auf Sylt, Leuchtturm am Lister Ellenbogen

List auf Sylt – Wanderdünen, Schafe, endlose Strände

15. Mai 2023

Für einen Tag kehre ich dem Großstadttrubel Hamburgs den Rücken. Dank Deutschlandticket rückt Nordfriesland in meinen Fokus. Und so reise ich mit dem 49-Euro-Ticket ab Hamburg nach Sylt. Nicht etwa um in Westerland zu promenieren oder auf der teuersten Meile Deutschlands in Kampen zu flanieren. Nein, ich benötige eine ordentliche Portion Abgeschiedenheit, Ruhe und Weite. Wohin also auf Sylt? Mich zieht es an die Nordspitze der Insel, an die deutsch-dänische Grenze, nach List auf Sylt.

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List auf Sylt – ein Tag zwischen Superlativen

List, Wandern auf Sylt

Ein paar Haltestellen vor dem Lister Hafen steige ich aus dem Bus. Die Fahrt vom ZOB in Westerland dauert knapp eine halbe Stunde. Gäste reihen sich wie Ölsardinien in einer Dose. Mein Steppmantel wäre am liebsten zuhause geblieben – doch an der Küste weiß man ja nie.

Meinen Tagesausflug starte ich mit einem Eis, Quark-Salz-Karamell und Kürbiskern, bei der Sylter Eismanufaktur. Ich bin nicht die Einzige, die den Vormittag bereits mit Eiskugeln, Schlagsahne und Waffeln starten. Blick auf das Wellnesshotel A-Rosa auf der anderen Straßenseite, das letzte Waffelstück knirscht zwischen den Zähnen. Aus dem Rucksack fische ich meine Kamera – eigentlich nahm ich mir nach meinen Buchrecherchen vor, öfter ohne Kamera zu wandern. Scheint eine Berufskrankheit zu sein. An ihrer Stelle stopfe ich meinen Mantel rein und bin überrascht, das das klappt.

Die Sylter Suppen(bar) öffnet erst Dienstag wieder. Ich folge der Dünenstraße nach Nordwesten, vorbei am Hermannshain mit üppigem Grün. Auf der anderen Straßenseite zieht Besenheide, noch im Winterschlaf, die Dünen hinauf.

Die ersten hundert Meter meiner Tageswanderung, am Ende sollen es 20 Kilometer werden, führen am Friedhof vorbei durch Wohngebiet. Wie es scheint. Einige Häuser sind Ferienhäuser, andere Zweitwohnsitze. Gerade einmal 1600 Einwohner zählt die nördlichste Stadt Deutschlands.

Superlativen wie der nördlichste Hafen, nördlichste Apotheke, nördlichster Leuchtturm reizen mich heute weniger. In meinem Fokus stehen Naturschauspiele.

List auf Sylt – Sahara, Heide und Wattwiesen

List auf Sylt, Wanderduene

Das Wohngebiet liegt hinter mir, vor mir zeigt ein Straßenschild den Ortsausgang an, geradeaus geht es zum Weststrand. Ich zweige von der Straße nach Westen ab, stelze eine Holztreppe hinauf, passiere ein Gatter. Stetig aufwärts, bis zu 35 Meter in die Höhe stapelt sich hier der Sand. Von oben zeigt sich dann ein Panorama, das meine Augen zum Leuchten bringt. Beigefarbene Hügel, blauer Himmel. Dünengras und Strandhafer wippen im Wind. In der Ferne nimmt eine rote Autofähre Kurs auf Dänemark. Weiter unten wuselt eine Wandergruppe zwischen Dünenbergen auf Bohlenpfaden.

Auf der Aussichtsplattform ist erst einmal Sackgasse. Die mobilen Sandberge, die einzigen Wanderdünen deutschlandweit, dürfen nur mit Sondergenehmigung betreten werden. Doch auch aus der Ferne geben sie ein schönes Fotomotiv.

Meine Wandertour führt vorbei an Heidebüschen. Vereinzelt blinzeln rosa und pinke Blüten durch die ansonsten monoton wirkende Flora. Erst einmal zwischen Sandhügeln, steigt die Körpertemperatur und das Bedürfnis ist da, Klamotten abzulegen. Stattdessen lege ich noch mal eine Schicht Sonnencreme auf, die Sonne steht im Zenit.

Ich erreiche die schmalste Stelle der Nordspitze. Hier ist Schafzuchtgebiet. Während ich gerade noch das Wandern auf Bohlenpfaden und Kieswegen genoss, soll es für den Rest des Tages fast ausschließlich auf Beton weitergehen.

Gut, dass ich nicht vorher wusste, wie viele Autos mich passieren würden. Der Lister Ellenbogen ist in Privatbesitz und erlaubt Autofahrer_innen bis zum nördlichsten Punkt des Landes motorisiert vorzufahren. Die Maut kostet 6 Euro, Fußgänger_innen und Radfahrer_innen sind davon befreit. Mich freut es zu sehen, dass viele mit dem Rad unterwegs sind, das E-Bike ist auch hier en Vogue.

Schafe. Lister Ellenbogen

Für schmunzelnde Gesichter und Slow Travel-Momente sorgen immer wieder Schafe und Lämmer, die aus den Wattwiesen hervorblöken und die Straße passieren. Ohne Auto könnte es hier wirklich paradiesisch schön sein. Doch wer verzichtet schon auf die lukrativen Maut-Einnahmen?

Lister Ellenbogen – nördlicher geht’s nicht

Aussichtspunkt, List auf Sylt

Kilometer später streife ich endlich meine Wanderschuhe ab und befreie qualmende Socken von meinen Füßen. Meine Wanderschuhe parke ich am Zaun und hoffe, dass sie nach meiner Wellnesskur noch da sind.

Der Strand scheint sich endlos von der Nordspitze der Insel in einem halbförmigen Bogen nach Südwesten zu erstrecken. Vorbei an zwei rot-weißen Leuchttürmen aus Eisen. Türkis und Blau glitzert das Meer, schlägt kleine Wellen. Baden ist hier verboten, die Strömung an der Ostspitze, an der ruhiges Wattenmeer und tosende Nordsee aufeinandertreffen, einfach zu stark. Dafür erfreuen sich nackte Zehen am Spiel mit weißen Sandkörnern. Zu Fuß habe ich den nördlichsten Punkt meines Geburtslands erreicht.

Von Strandkörben keine Spur. Ebenso wenig Fischbuden, Schampusschlürfende oder schicke Hotels. Genau das habe ich mir gewünscht – manchmal ist ganz wenig, ganz viel. Eine Welt ohne Entertainment. Luxus pur.

Ich trete den Rückweg an. Die Sonne neigt sich immer tiefer zum Horizont. Am Wegesrand zwitschern und trällern Vögel munter. Schafe und Lämmer dösen zwischen blühendem Ginster. Mit jedem Schritt rückt die Zivilisation näher. Blick auf den Königshafen und die Vogelinsel Üthorn. Möwen kreischen. Wattvögel tänzeln im Schlick. Wehmütig stelle ich mich auf einen Abschied ein. Und weiß, dass dieser schöne Ort für mich nur ein paar Zugstunden entfernt liegt.

Bevor ich in den Bus nach Westerland steige, gibt es noch ein Backfischbrötchen mit Remoulade auf die Flosse. Von Gosch natürlich, an der nördlichsten Fischbude des Landes. Es heißt, der Edelfischdealer sei insolvent. Sylt – eben doch nur ein ganz normales Fleckchen mitten in Deutschland.

Persönliche Reisetipps für Dich:

GPX-Track zum Nachwandern: List auf Sylt Wanderung

To-do Liste für’s nächste Mal – List auf Sylt:

  • Besuch im Erlebniszentrum Naturgewalten
  • Souvenirs shoppen in der Genussmacherei
  • Pfannkuchen essen in Voigts Alte Backstube
  • Baden am Weststrand
  • Schiffsausflug zu Seehunden und Kegelrobben
  • Wanderung zur „Sylter Sahara“
  • Foto-Ausflug zur Heideblüte
  • Führung zu den Austernbänken
  • Zum Drachenfestival und Zugvogel-Watching nach Romo in Dänemark

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